3D-Druck-Haus bauen: Was Bauherren/-innen wissen sollten
3D-Druck-Haus, Referenz
3D-Druck-Haus als Eigenheim? Das ist mittlerweile bewohnbare Wirklichkeit. Mit dem Potenzial, schneller, kostengünstiger und nachhaltiger zu bauen, könnte sich die Technologie langfristig als Alternative zu klassischen Bauverfahren etablieren. Doch wie entsteht ein 3D-Druck-Haus und für wen ist diese Art des Bauens interessant? Hier finden Sie Antworten.

Schwindende Ressourcen, steigende Ansprüche an den Klimaschutz und mangelnder Wohnraum: All diese Faktoren veranlassen Unternehmen, Architekten/-innen und Stadtplaner/-innen, konventionelle Ansätze des Bauens zu überdenken und stärker auf die sogenannte Grüne Architektur zu setzen. Auch das 3D-Druck-Haus könnte eine bezahlbare und nachhaltige Alternative zu klassischen Bauverfahren sein. Die Technologie machte in den vergangenen Jahren große Fortschritte und bietet einige Vorteile im Bauprozess.

Wie funktioniert das 3D-Drucken von Häusern?

Dass Gebäude am Computer entworfen und geplant werden, ist mittlerweile Standard. Bei einem 3D-Druck-Haus übernimmt der Computer auch den Bau: Eine Druckdüse spritzt feine Betonlinien auf eine Bodenplatte und zieht Schicht für Schicht Außen- und Innenwände hoch. Auf diese können auch Bodenplatten, Geschossdecken und das Dach gedruckt werden. Auf Grundlage des Entwurfs lässt die Maschine Aussparungen für Fenster, Türen und Steckdosen sowie Hohlräume für Dämmmaterial oder Versorgungsleitungen. Theoretisch könnten künftig auch weitere Bauteile wie Abflussrohre, Badewannen oder Waschbecken aus dem 3D-Drucker kommen.

In knapp acht Monaten entstand das erste 3D-Druck-Haus in Deutschland. Quelle: PERI

Wie entsteht ein 3D-Druck-Haus in der Praxis?

Technisch werden bei 3D-gedruckten Häusern zwei Druck-Varianten unterschieden: Dreht sich der Druckkopf in Kreisen um eine Achse, entstehen meist Häuser mit kreisförmigem Grundriss. Wird der Druckkopf an zwei Achsen befestigt, sind prinzipiell alle Formen und Wandverläufe umsetzbar. Allerdings ist der Aufbau eines solchen 3D-Druckers deutlich aufwendiger. Deshalb gibt es einige Anbieter, die ihre Maschine nicht vor Ort aufstellen, sondern die einzelnen Bauelemente in der Fabrikhalle drucken. Diese werden dann auf der Baustelle zusammengesetzt – ähnlich wie bei einem Fertighaus.

Welche Formen und Baustile sind bei einem Haus-3D-Druck möglich?

In einer klassischen Wohnsiedlung fallen 3D-Druck-Häuser mit ihren grauen Betonwänden und ihrer futuristischen Optik meist aus der Reihe. Im Gegensatz zu Fertigbauten bietet die Bauweise deutlich mehr Freiheiten in der Gestaltung und Formgebung. Computergesteuert lassen sich zum Beispiel geschwungene Flächen mit abgerundeten Ecken und Kanten umsetzen. Zudem sind die einzeln gedruckten Betonlinien meist klar erkennbar. Dieser charakteristische Look lässt sich zum Beispiel durch die spätere Fassadengestaltung vermeiden, etwa indem die Wände verputzt und gestrichen oder mit Holz verkleidet werden. Auch die Größe des Hauses, die Anzahl der Etagen sowie die Aufteilung der Räume sind bei einem 3D-Druck-Haus flexibel.

Welche Vorteile bietet der Hausbau mit einem 3D-Drucker?

Eines der stärksten Argumente für ein Haus aus dem 3D-Drucker ist die Bauzeit. Die Technologie beschleunigt den Bauprozess erheblich. Ein weiterer Pluspunkt ist der ressourcenschonende, effiziente Materialeinsatz. Durch die computergesteuerte Planung und Umsetzung wird nur so viel Material genutzt, wie tatsächlich nötig ist.

Ist ein 3D-Druck-Haus umwelt- und klimafreundlich?

Dem geringen Materialeinsatz steht die Öko-Bilanz des Druckstoffes gegenüber. Denn die Betonmischung besteht in der Regel aus Zement und Sand, die eine schlechte CO2-Bilanz aufweisen. Da sich 3D-gedruckte Häuser jedoch effizienter planen und bauen lassen, können sie im Vergleich zu Massivbauten dennoch ökologisch vorteilhaft sein. Noch dazu ist der Baustoff recycelbar und kann nach Abbau des Hauses zum Beispiel als Füllmaterial im Straßenbau verwendet werden. Mehrere Hersteller/-innen arbeiten bereits daran, die Recyclingmethoden zu verbessern.

Gibt es ökologisch unbedenkliche Baustoffe für ein 3D-Druck-Haus?

Für das Druckmaterial werden bereits ökologisch sinnvollere Alternativen erforscht und bei Pilotprojekten getestet. Darauf hat sich zum Beispiel die italienische Baufirma WASP spezialisiert, die 2018 ihr erstes 3D-gedrucktes Modellhaus aus rein natürlichen Rohstoffen vorstellte. Das Öko-Haus nutzt für die tragende Konstruktion eine Mischung aus Rohboden, Kalk sowie Stroh- und Pflanzenfasern. Mit TECLA startete das Unternehmen Anfang 2021 den Bau eines 3D-Druck-Hauses aus vollständig kompostierbaren Natur-Rohstoffen.

Das New Yorker Start-up AI Spacefactory hat mit dem Design und Material ihres 3D-gedruckten Hauses TERA bereits die NASA überzeugt. Der Entwurf für das futuristische 3D-Druck-Haus entstand im Rahmen eines Wettbewerbs, bei dem die NASA Lösungen für den Bau bewohnbarer Lebensräume im Weltraum suchte.

Für die Außenhülle hat das Team einen recycelbaren Bio-Kunststoff entwickelt, der aus natürlichen Rohstoffen der Umgebung gewonnen werden kann.

Deutschlands erstes smarte Haus aus dem 3D-Drucker wurde in Beckum fertiggestellt. Quelle: PERI

Sind 3D-Druck-Häuser schon bewohnbar und in der Baubranche etabliert?

Bislang werden nur wenige Häuser im 3D-Druckverfahren gebaut. Weltweit gibt es aber mehrere Bauunternehmen, die sich auf die Technologie spezialisiert haben und größere Projekte umsetzen. Die texanische Baufirma ICON zum Beispiel ermöglicht mit einer riesigen Maschine auf einem skalierbaren Schienensystem den 3D-Druck von Häusern auf größerer Fläche.

Nach mehreren gedruckten Wohnhäusern in den USA und Mexiko stellte die Firma zuletzt ein 2.000 Quadratmeter großes Eigenheim in Texas vor. Daneben fokussiert sich ICON auf das Potenzial des Druckverfahrens für den sozialen Wohnungsmarkt. Mit Unterstützung der gemeinnützigen Organisationen New Story arbeitet das Unternehmen an 3D-gedruckten Siedlungen, die bezahlbaren Wohnraum für einkommensschwache Familien und Unterkünfte für Obdachlose bieten sollen.

Auch das erste 3D-Druck-Haus in Europa wird seit dem Frühjahr 2021 bewohnt. Es steht in den Niederlanden und ist das erste von fünf geplanten 3D-Druck-Häusern des Projekts Milestone, das in Zusammenarbeit der Technischen Universität Eindhoven mit mehreren Baufirmen entstanden ist.

Das 94 Quadratmeter große Haus erinnert an einen überdimensionalen Findling. Die Wände wurden aus Flüssigbeton gedruckt und aus 24 Teilen vor Ort zusammengebaut. Die anderen geplanten Milestone-Häuser sollen komplett aus dem 3D-Drucker stammen – inklusive der Decken und Dächer.

Gibt es Beispiele für 3D-Druck-Häuser in Deutschland?

Im Sommer 2021 wurde hierzulande das erste Einfamilienhaus aus dem 3D-Drucker im westfälischen Beckum eingeweiht. Das Pilot-Projekt des Architekturbüros Mense-Korte hat Vorbildcharakter für die Branche und soll zunächst für Präsentations- und Forschungszwecke genutzt werden. Etwas mehr als vier Tage reine Druckzeit stecken in dem 160-Quadratmeter großen Einfamilienhaus, das auf zwei Stockwerken drei Bäder, einen offenen Wohnraum mit Essbereich und Kamin sowie drei Schlafzimmer unterbringt. Insgesamt dauerte die Fertigstellung des Projekts etwa acht Monate. Perspektivisch könnte sich die Bauzeit durch die Weiterentwicklung der Technik auf fünf Monaten reduzieren, so der Architekt.

Nachhaltig bauen mit 3D-Druck

Um komplett nachhaltig zu bauen, wählten die Planer für das 3D-Druck-Haus in Beckum ausschließlich recycelbare Baustoffe. In Kombination mit einem Smart-Home-System und ressourcenschonender Heiztechnik ist ein energieeffizientes KfW-55-Haus entstanden, in dem das Bediengerät Gira G1 die zentrale Smart-Home-Steuerung ermöglicht. In den einzelnen Räumen können künftige Bewohner die Technik über den Gira Tastsensor 4 oder Schalter der Designlinie Gira E3 bedienen. Im Außenbereich sind Gira Außensteckdosen in Schwarz matt angebracht. Für das innovatives Projekt wurde das Architekturbüro Mense-Korte mit dem German Design Award 2022 ausgezeichnet.

Für wen eignet sich ein 3D-Druck-Haus?

Trotz der rasanten Fortschritte wird es noch einige Jahre dauern, bis sich die 3D-Drucktechnologie in der Bauindustrie etabliert hat und für private Bauherren/-innen eine echte Alternative ist. Bauprojekte, die diese Technologie nutzen, haben bislang eher Prototyp- und Pionier-Charakter.

Deshalb gibt es aktuell auch kaum vergleichbare Angaben zu den Preisen. Perspektivisch zeichnet sich ab, dass die Bauweise künftig kostengünstiger sein könnte als andere Methoden. Schon in vier bis fünf Jahren könnte ein Haus aus dem 3D-Drucker somit für mehr Bauherren/-innen infrage kommen.